Portraits auf Märkten – Portraits in der geschlossenen Anstalt – Portrait der Schumacherwerkstatt
“Ich komme von einer anderen Welt. Die war so ähnlich wie die hier. Auch mit Irakkrieg und so. Aber dann bin ich hier her gekommen. Also ich war auf dem Weg zwischen durch noch auf einer zweiten anderen Welt. Bin jetzt seit kurzem hier”
“Und wie gefällt es dir hier?” (auf Station 2a)
“sehr gut, besser als die anderen Welten!”
Wollen sie es ausstellen? Wollen Sie im Gang unten aufgehängt werden Herr Miskovich(Name geändert)? Ja? Dann unterschreiben Sie mir das hier bitte, dass sie einverstanden sind. Danach könnense das Bild dann haben.
alle Jahre wieder: um Kohle ranzuschaffen, male ich auf Kunstmärkten Portraits gegen Spende. Heuer – DillyDally in Regensburg und Feschmarkt in Wien. Viel gibts dazu nicht zu sagen, ist wie jedes mal. Ich komme mir in dieser Welt (wo es schon recht kommerzlastig zugeht) ein bisschen wie ein Alien vor… Aber was solls, die Leute freuen sich über meine Bilder und ich bekomme Geld dafür. Es ist auch gut mal aus seiner Blase herraus zu kommen, mal mit anderen Menschen in Kontakt zu kommen als den linken Aussteigern. Den Kontakt zur Realität nicht verlieren, haha.
- photo by feschmarkt
- photo by feschmarkt
- photo by feschmarkt
Und ganz nebenbei, bin ja schon stolz drauf, dass von mir eigentlich bei der ganzen Geschichte kaum etwas “verbraucht” wird. Male nur auf Fundstücke, kein neugekauftes Papier, male auch fast nur mit gefundenen/geschenkten Stiften und Farben oder Zeug, dass ich schon seit Jahren habe (mittlerweile habe ich herrausgefunden, dass Aquarell und Tusche einfach ewig halten, im Vergleich zu Filzstiften oder Finelinern) Und ich bin vermutlich auch der einzige Aussteller, der per Anhalter angereist ist…
“Herr Greiner, jetzt sabberse schon wieder alles voll, dass ist ja widerlich! Hier wischense das mal auf, nee nehmense ein neues Tuch.” Wischt den Speichel vom Stuhl. “Könnte ich ihre Adresse haben? Sie sind ein Engel.” Schreibe ihm meine Adresse auf einen Fetzen Papier. Er schenkt mir eine kleine Zeichnung. Dann gibt der Wachmann eine Runde Zigaretten, “Tschicks”, aus und alle gehen auf ihr Zimmer zum Rauchen.
Habe ungefähr 30 Insassen der Anstalt gezeichnet und 5 Sozialpädagogen. Eine Freundin die als Musiktherapeutin in einer geschlossenen Psychatrie arbeitet, hatte die Idee, dass ich dort doch auch mal malen könnte. Ich war dem nicht abgeneigt, die Anstaltsleitung ebenfalls nicht.
Alle haben sich außergewöhlich arg gefreut. Seliges Grinsen, welches aufgrund hoher Medikamentation in einen Silberblick übergeht. Es wird mir auf jeder Station Kaffee angeboten, obwohl ich keinen trinke. Aber irgendetwas wollen die Leute mir zurück geben. Ich bekomme eine Banane und ein Glas Multivitaminsaft.
Für mich war die Vorstellung dieses Ortes mein persönlich Alptraum. Dort jedoch fand ich es eigentlich realtiv angenehm. Also auf jeden Fall nicht unangenehm, so wie erwartet. (was natürlich auch daran liegen kann, dass mein Kommen ein außergewöhnliches Event war, welches alle gefreut hat…) Es geht dort sehr familiär zu. Alle kennen sich, allen ist klar, dass sich an dieser Situation erstmal nichts ändern wird. Also versucht eins eben das Beste darraus zu machen.
Die gemalten Bilder darf ich nicht mitnehmen, gut will ich eh nicht, aber auch keine Fotos. Jedoch gibt es eine Ausstellung im Gang der Anstalt. Sie ist nur einem sehr exklusiven Publikum zugänglich. Wächter_innen, Pfleger_innen, Insassen und deren Verwandte. Aber wieso nicht. Normalerweise würden diese sich niemals meine Sachen anschauen.
Nicht weniger kurios war ein anderes das ich bekommen habe: Ein Mann kam während des Feschmarkts auf mich zu und wollte Zeichnungen gegen maßgeschneiderte Schuhe tauschen. Ich dachte mir, ja warum nicht, blieb noch ein paar Tage länger in Wien und habe den Herrn in seiner Werkstatt besucht. Es hat sich herrausgestellt, dass der ungefähr fünfzigjährige Schuhmacherlehrling ist bei einem auf die achtzig zugehenden Meister. Der Lehrling hat den ganzen Tag eigentlich nur gequatscht, mit den Kunden, mit mir, mit dem Meister, mit sich selbst. Am Telefon: “Ja Alois, die Schuhe siind noch nicht fertig, ich bin nicht dazugekommen… Aber du kannst ja trotzdem vorbeischauen, zum Quatschen!” Ich habe 7 Bilder von Werkstatt, Schuhmachern und Schuhen gezeichnet, mit Tusche und Aquarell. Das alles war allerdings schon letztes Jahr. Dieses Jahr sollten die Schuhe dann fertig sein.
Sind nur 6 Bilder hier auf dem Blog zu sehen, weil ich sie erst dieses Jahr fotografiert habe. Und da hatte der Lehrling eins schon eingetauscht um was weis ich für eine Schuld zu begleichen. Auch OK.
Schuhe waren nicht fertig. Hat er nicht geschafft. Gibt niemanden, der ihm zeigt, wie eins die Oberteile eines Schuhs selber macht. Der Meister redet nicht mehr mit ihm. Ob ich ihm nochmal ein wenig Zeit geben kann? Naja ich probiers nächstes Jahr nochmal.